Einen Nachruf auf den Maler und Universitätsprofessor Giselbert Hoke als ehemalige Architekturstudentin zu verfassen, ist ähnlich den Stunden des Schaffens in den Räumlichkeiten des ehemaligen Klosters in Rein. Emotional tiefgreifend steigen Erinnerungen hoch, Fragen und Sehnsüchte, Freude und Angst – Gegensätze – dicht, dunkel und licht zugleich.
Rückblickend auf den Unterricht der Künstlerischen Gestaltung an der TU Graz, über die Distanz der vergangenen Zeit, über die eigene Erfahrung als Architektin, erkenne ich wie strak die Prägung, wie weitgreifend die Nachwirkung ist, die ihren Ursprung in der Abgeschiedenheit des Stifts fand. In der Stille und Kontemplation des Ortes, getragen von der kargen, spirituellen Ausstrahlung des Raumes, lehrte uns Professor Hoke in spartanischer Einfachheit zu arbeiten, über die Genügsamkeit der gesprochenen Worte und durch die Reduziertheit der Materialien in die Vielfältigkeit zu gelangen.
Den gezeichneten Strich, als Beginn des Entwurfs- und Schöpfungsprozesses, so wie er entsteht, anzunehmen und ihm zu folgen, da er unser eigener ist, kam als entscheidende Botschaft. Aus diesem entfaltete sich die Fläche, während der Blick auf das Wesentliche fokussiert blieb. Die Fläche bekam Tiefe, getragen von der ernsthaften Auseinandersetzung mit dem vorgegebenen Thema. Die Inhalte, die uns beschäftigten, setzten einen fast neuralgisch schmerzlichen Entstehungsprozess in Gang. Schicht für Schicht näherten wir uns dem Ganzen, das dem Anspruch, welchen Professor Hoke stellte, gerecht werden wollte. Dieser war authentisch, getragen durch seine eigene poetische, ehrliche, suchende Herangehensweise, die kompromisslos nach einem Sinn verlangte.In tiefer Dankbarkeit nehmen wir im Stillen Abschied von einer starken Persönlichkeit und einem außergewöhnlichen Lehrer, im Bewusstsein, dass er uns über die Kraft der künstlerischen Gestaltung zu unserem Ich führte und Prozesse auslöste, welche die Grundlage für unsere eigene Haltung und den Anspruch für den gesamten beruflichen Werdegang schufen.
April 2015